Es gibt da diesen Spruch, vielmehr diese ultimative Wahrheit, in einem kurzen und prägnanten Satz zusammengefasst, elegant vorgetragen von einem elfengleichen und zarten weiblichen Wesen, das sich vor mir aufbaut und so gar nicht zart in meine Richtung zischt: „Pubertät ist wenn Eltern komisch werden.“ So habe ich das noch gar nicht gesehen, wobei das Wort „komisch“ ja nicht im Sinne von „lustig“ oder „sympathisch schrullig“ steht. Ich möchte nachfragen, bin einer sinnvollen Diskussion nicht abgeneigt, doch ist meine personifizierte persönliche Herausforderung schon wieder im Wohlfühlort Badezimmer verschwunden, um hoffentlich meiner mütterlichen Anweisung nachzukommen und adäquate Kleidung für den Schulweg anzuziehen. Ich werfe gedankenversunken einen Blick aus dem Fenster. Schwarze Wolken ballen sich am Horizont zusammen und eine frische Brise treibt diese direkt in unsere Richtung. Das sieht nicht gut aus, denke ich und schlürfe an meinem heißen Kaffee. Das häusliche zweibeinige schlechte Wetter ist zu mir zurückgekehrt und hält mir mit wissendem Lächeln ihr Smartphone ins Gesicht und schnaubt dabei durch die Nase wie ein Rennpferd, das sich seines Sieges vollkommen sicher ist. Schließlich ist der Kontrahent nur die komische Mutter. „Weißt du was das ist?“ Sie wartet meine Antwort gar nicht ab, ist so in Zeitnot das arme Kind. „Eine WetterApp!“
Diese App weiß genauestens Bescheid wie das Wetter werden wird, mein Einwand aus dem Fenster zu schauen genüge, um die Situation richtig einzuschätzen, wird ignoriert. „Die App hat immer Recht!“
Mahnend deute ich mit meinem Finger auf die Wolkenmassen. Mein Kind schenkt mir einen Blick und informiert mich darüber, dass sie 17 Jahre alt ist. Aha, das hätte ich wohl beinahe vergessen. Was die Pubertät ja auch für Auswirkungen auf die Eltern hat! Schrecklich.
Gegen diese lückenlos logische Argumentationskette bin ich machtlos und lasse mein Töchterchen ziehen. Mit dem Regenschirm in der Hand winke ich ihr nach, schließe schnell die Türe hinter ihr und noch bevor ich zurück in der Küche bin, beginnen die ersten Tropfen an das Fenster zu klatschen, einen Augenblick später wird daraus ein Trommeln. Ich packe Regenschirm, Handtücher und Wechselkleidung unter den Arm. Ich werde mein pubertierendes nasses Wetterorakel einsammeln und zur Schule fahren und kein Wort darüber verlieren, dass die App noch auf unseren Sommerurlaubsort eingestellt war.
Copyright Alexandra Mazar